Michael Krügers Roman „Die Turiner Komödie“ beginnt mit einer Beerdigung in Turin. Rudolf, von Beruf Professor und Schriftsteller und gleichzeitig der beste Freund des Ich-Erzählers, hat Suizid begangen. Rudolfs todkranke Ehefrau Elsa beauftragt den besten Freund mit der Nachlassverwaltung, eine Aufgabe, an der der Erzähler zunehmend verzweifelt. Denn so chaotisch wie Rudolfs Leben entpuppt sich auch sein schriftstellerisches Werk, verpackt in sechzig grauen Kartons, in Art einer literarischen Hydra: Öffnet der Freund einen Karton, hält er ein Textfragment in der Hand, das in mehreren Fassungen existiert und in weiteren Kartons fortlebt, ohne jede Ordnung, und das zu allem Überfluss einen Mix aus Zitiertem, Entliehenem und Geklautem aus Werken anderer Schriftsteller darstellt. Der Kampf mit dem dubiosen literarischen Vermächtnis wird ihm erschwert durch die fordernde Einmischung von Rudolfs Frauen, neben der moribunden Ehefrau die Ex-Geliebte Eva sowie die rechte Hand des Verstorbenen, Marta (Sekretärin? Haushälterin? Geliebte?). Und dann ist da noch, als weitere Belastung, der Privatzoo, den Rudolf auf der Dachterrasse seines Instituts hinterlassen hat.
Michael Krüger hat als verlegerischer Geschäftsführer den Hanser Verlag über 27 Jahre geleitet. Er kann also aus Erfahrung Blendertum und Großmannssucht aus Schriftstellerkarrieren herausfiltern. Inwieweit im Roman Erlebtes mit Fiktionalem vermischt wird, ist eigentlich ohne Bedeutung. Ablesbar ist der reiche Fundus des Autors, der es ihm erlaubt, den Kulturbetrieb ironisch zu kommentieren. Raffiniert, elegant, unterhaltend.
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